News Shakespeare neu geschrieben und gelesen 10. März 2017
Mit ungebrochener Bewunderung beging die literarische Welt 2016 den 400sten Todestag von William Shakespeare. Gemeinsam mit der Hogarth Press hat der Knaus-Verlag eine ambitionierte verlegerische Unternehmung gestartet: zeitgenössische Autoren von Rang widmen ihre Romane literarischen Vorlagen Shakespeares.
The Hogarth Press wurde 1917 von Virginia und Leonard Woolf gegründet, um hier die besten zeitgenössischen Werke zu versammeln. In dieser Tradition bietet das "Hogarth Shakespeare Projekt" international bekannten und erfolgreichen Autoren die Möglichkeit, ihre ganz persönliche Neuerzählung eines Werkes von William Shakespeare zu präsentieren.
Die Romane werden in über zwanzig Ländern erscheinen. In Deutschland ist der Knaus Verlag Partner des Projekts. Der Start fand im April 2016 statt.
Folgende Werkbearbeitungen sind bereits erschienen oder werden erscheinen: Jeanette Winterson: "Das Wintermärchen", bearbeitet unter dem Titel "Der weite Raum der Zeit", Howard Jacobson: "Der Kaufmann von Venedig", bearbeitet unter dem Titel "Syhlock", Margaret Atwood: "Der Sturm", bearbeitet unter dem Titel "Hexensaat", Tracy Chevalier "Othello", Gillian Flynn "Hamlet", Jo Nesbø: "Macbeth", Edward St Aubyn: "König Lear", Anne Tyler: "Der Widerspenstigen Zähmung", bearbeitet mit dem Titel "Die störrische Braut".
Im Onlinekatalog der Bibliothek finden Sie die Werke mit den Stichworten "Hogarth Shakespeare Projekt".
Ebenfalls im Bestand der Bibliothek befinden sich die Originale von William Shakespeare, teilweise auch zweisprachig.
Sibylle Kullich, Mitarbeiterin der Bibliothek Lustenau, hat in einem Interview ein paar Fragen zum Projekt beantwortet:
Wie bist Du auf das Projekt aufmerksam geworden?
Durch eine Rezension von Frau Schöberl der Wiener Buchhandlung Leporello ("Die störrische Braut"). Danach habe ich im Internet das Projekt recherchiert.
Was hat Dich bei diesem Projekt angesprochen?
Die Neuinterpretation bekannter Shakespeare-Themen durch bekannte und zeitgenössische Autorinnen und Autoren.
Welchen Titel des Projektes hast Du bereits gelesen und wie hat Dir die Bearbeitung gefallen?
„Die störrische Braut“ von Anne Tyler. Leider fand ich es ein bißchen oberflächlich (Rezension siehe weiter unten!)
Hast Du Lust bekommen, auch die Originale zu lesen?
Ja, auf jeden Fall.
Wirst Du auch die restlichen Shakespeare-Bearbeitungen lesen?
Ich werde sie alle lesen. Das Projekt macht Lust auf mehr. Besonders wichtig finde ich: auch wenn man die Shakespeare-Werke nicht als Schullektüre genossen hat kann man sich nun mit der Kunst von Shakespeare auseinandersetzen, möglicherweise auch mit den Originalen.
Anne Tyler – Die störrische Braut
Aus dem Engl. von Sabine Schwenk
Knaus Verlag 2016, 218 S.
Kate Battista ist frustriert. Wie kommt es eigentlich, dass sie ihrem exzentrischen Vater brav den Haushalt führt und sich um ihre jüngere Schwester Bunny kümmert, die nur Flausen im Kopf hat? Auch in ihrem Kindergartenjob gibt es immer nur Ärger. Professor Battista hat andere Sorgen. Seit Jahrzehnten widmet er sich beharrlich seiner Forschungsarbeit, nun steht er kurz vor dem Durchbruch. Wenn, ja wenn sein brillanter Assistent Pjotr nicht des Landes verwiesen wird. Die Aufenthaltsgenehmigung des Weißrussen läuft bald ab. Als Professor Battista einen Plan ausheckt, um Pjotr in Amerika zu halten, verlässt er sich wie immer auf seine ältere Tochter. Doch Kate sieht rot – und Pjotrs tollpatschiges Werben um ihre Gunst macht die Sache erst einmal auch nicht besser.
Die störrische Braut ist der dritte Roman, der im Rahmen des Hogarth Shakespeare Projektes erschienen ist. Anne Tylers Roman lebt von seinen Charakteren, die alle sehr eigenwillig und gleichzeitig liebenswert sind. Die Geschichte nimmt den Leser schnell ein, was vor allem an Kates trockener Art liegt. Sie ist amüsant und leicht zu lesen, doch es fehlt ihr etwas an Tiefe. Schön wäre gewesen, wenn es eine kurze Zusammenfassung des Originals gegeben hätte, damit sich auch Leser, die Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ nicht kennen, ein Bild machen können. Die störrische Braut ist sehr frei erzählt, was aber durchaus legitim ist, da es sich um eine Interpretation und nicht um eine Nacherzählung handelt. Die ganze Reihe lädt dazu ein, sowohl Shakespeares Werke, als auch die verschiedenen Autoren kennenzulernen und erhält darum eine absolute Lesempfehlung!