Neunzehn Minuten – Jodi Picoult
Roman
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
Piper 2018, 476 Seiten
Was sind schon 19 Minuten? 19 Minuten sind noch nicht einmal die Hälfte einer Schulstunde, hätten vor dem 6. März 2007 vermutlich nicht wenige Schüler und Schülerinnen der Sterling Highschool geantwortet. Bis ihnen mit einem Schlag ganz plötzlich 19 Minuten den Boden unter den Füßen weggezogen und ihr Leben für immer verändert haben. Ganz Sterling richtet daraufhin nicht nur den Blick, sondern auch den erhobenen Zeigefinger auf den 17-jährigen Amokläufer Peter Haughton.
Doch Jodi Picoult gibt sich damit nicht zufrieden, denn der Täter ist nicht nur ein Täter, sondern ebenso ein Opfer. Ein Jugendlicher wacht nicht eines Morgens grundlos auf und beschließt, in seiner Schule eine Waffe zu zücken und diese tatsächlich zu benutzen. Als sein Anwalt Peter nach den schrecklisten 19 Minuten im Leben hunderter Menschen fragt, was er dazu zu sagen habe, entgegnet Peter mit leiser Stimme: „Die haben angefangen.“
Der Autorin gelingt es, die Hintergründe eines Amoklaufs auf sachliche und zugleich unfassbar berührende Weise für die Lesenden aufzuschlüsseln. Sie gibt Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt von jungen Menschen und spricht an, worüber viele schweigen. Sie zeigt auf, welche fatalen Folgen, diese Ignoranz für unsere Gesellschaft mit sich bringen kann. Ihr Roman ist ein indirekter, aber dafür umso lauterer, Appell an alle Schüler:innen, Eltern und Lehrer:innen, endlich hinzusehen und für gegenseitigen Respekt und Toleranz einzustehen.
lg