Der Mann, der einmal ein Mädchen war – Ricardo Föger

Der Mann, der einmal ein Mädchen war Föger

 

Meine zwei Leben im Dorf

Michael Wagner Verlag, 2021. 192 Seiten

Im Dezember 1987 erblickte ein Kind die Welt. Die glücklichen Eltern nannten das Kind Anja. Anja wurde ein fröhliches Kind und freute sich ein paar Jahre später über die Geburt des Bruders. Anja aber war „anders“, denn sie spielte gerne mit Spielzeug, mit dem sonst Jungs spielten, zog sich gerne wie die Jungs an, war wild wie die Jungs.
Ab den ersten Tagen ihrer Schullaufbahn begannen die anderen Kinder sie merkwürdig anzuschauen, wenn sie wieder einmal zu viel aus ihrer Rolle als Mädchen ausbrach. Anja konnte ihre inneren Gefühle nicht richtig benennen und blieb somit mit diesen alleine.

Über die Jahre wurde ihr immer bewusster, dass ihr Körper nicht zu ihrem Geist passte, v.a. als die anderen Mädchen immer mehr über ihre Liebeleien erzählten, sich schminkten und nach der neuesten Mode gekleidet waren. Jeder Schultag wurde zu einem Martyrium. Anja verbrachte mehr Zeit alleine in ihrem Zimmer als mit anderen Menschen. Sie wandte sich dem Sport zu, begann mit Tennis und Pistolenschießen.
Nach der Matura sah sie ihren Weg klar vor sich. Sie machte die Aufnahmeprüfung für die Ausbildung zur Polizistin. Wieder wurden die Tage in der Schule schwierig. Schlussendlich konnte sie die Ausbildung beenden und ihre Karriere als Polizistin beginnen. Aber da kam ihr ihr Körper in die Quere. Denn durch das ständige sich Verstellen und Verstecken müssen, reagierte er mit Schwäche und zwang sie, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Und ihrem Gefühl, wonach sie mehr Mann als Frau war.

Diese Auseinandersetzung brachte zutage, was schon lange in ihm geschlummert hatte. Sie brachte sein Anderssein hervor, „die Suche nach sich selbst und dem eigenen Platz in der Welt“ (Klappentext). Ein langer und schmerzvoller Weg lag vor Ricardo, der mit seinem Outing und einer Geschlechtsangleichung noch lange nicht zu Ende ist.

Nunmehr ist dieser Weg von Offenheit und Aufklärung geprägt, vom Dasein für andere Menschen, die wie er merken, dass ihr Inneres und ihr Körper nicht zusammenpassen. Und vom Leben im Dorf, in dem er seinen Mittelpunkt hat.
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